Prostatakrebs

Zur S3-Leitlinie

Am Anfang steht immer die Diagnose! Ergibt sich bei der Vorsorge ein Verdacht auf Prostatakrebs, muss die Diagnose durch eine Gewebsentnahme (Biopsie) gesichert werden. Sie gewährleistet nicht nur die Diagnose sondern ermöglicht auch eine Abschätzung der biologischen Aggressivität, die aus dem sog. Gleason Score abgelesen werden kann und eine Einteilung in eine niedrige, mittlere oder hohe Risikogruppe erlaubt. Während Patienten der niedrigen Risikogruppe unter bestimmten Voraussetzungen auch vorläufig beobachtet werden können, sollen Patienten der mittleren und vor allem hohen Risikogruppe unbedingt behandelt werden, wobei sich die Behandlung nach der Krankheitsausbreitung und dem Alter bzw. Gesundheitszustand des Patienten richtet. Grundsätzlich unterscheiden wir heilende (kurative) und symptomlindernde (palliative) Therapieformen.

 

Eine Krankheit, viele Möglichkeiten! In der Medizin unterscheiden wir zwischen etablierten Standardtherapien, experimentellen Verfahren, deren Wirksamkeit in kontrollierten Studien noch erforscht wird, und reinen Alternativbehandlungen ohne nachweisbaren Nutzen. Der Gesetzgeber verpflichtet uns, Patienten immer „nach dem jeweiligen Stand der medizinischen Wissenschaft“ zu behandeln. Zu den Standardtherapien zählen als kurative Ansätze die Active Surveillance, die Radikaloperation und die Strahlentherapie, sowie der Androgenentzug als palliative Form.
Achtung: Wer über die ärztliche Beratung hinausgehende Fragen zu Diagnose und Behandlung von Prostatakrebs hat, informiert sich gerne im Internet. Dabei sollten Sie nur auf seriöse Quellen achten! Über den Link meiner Homepage oder den der Deutschen Gesellschaft für Urologie (DGU) können Sie auf die S3-Leitlinie zur Diagnose und Behandlung von Prostatakrebs zugreifen. Diese Leitlinie wurde von einem interdisziplinären Expertengremium erstellt und beruht ausschließlich auf wissenschaftlich fundierten Daten. Webseiten, die vornehmlich auf die Vorzüge einer einzigen Behandlungsmethode hinweisen, sollten Sie eher mit Skepsis betrachten.

Active Surveillance (AS)

Bei Patienten der niedrigen Risikogruppe kann eine Behandlung mitunter auch verzögert erfolgen, wobei das Therapieziel dennoch kurativ bleibt. Dies hat den Vorteil, dass therapiebedingte Nebenwirkungen (Harninkontinenz, Potenzverlust) zumindest zeitlich verzögert werden können. Das Konzept ist für manche Patienten sicherlich attraktiv, setzt aber strenge regelmäßige Kontrollen sowie eine Wiederholung der Biopsie voraus („Bestätigungs-Biopsie“), was viele Patienten stört.

Radikale Prostatektomie (RPE)

Die radikale Prostatektomie ist bei niedrigem Tumorstadium und langer Lebenserwartung die Therapie der Wahl. Es existieren zwar unterschiedliche Operationsmethoden (offen chirurgisch, laparoskopisch, Roboter unterstützt), entscheidend für ein optimales Ergebnis (tumorfrei, kontinent und potent) ist jedoch immer die Erfahrung des Operateurs und nicht die Methode. Nebenwirkungen wie eine Belastungsinkontinenz treten bei einwandfreier Operationstechnik selten und meist nur vorübergehend auf. Ein Erhalt der Potenz („nerve sparing“) ist nicht immer zweckmäßig; insbesondere in der Hochrisikogruppe sollte die technische Machbarkeit gegen die onkologische Sicherheit individuell abgewogen werden. Spricht nichts gegen einen Potenzerhalt, sollte er auch angestrebt werden, kann aber seriöser Weise niemals garantiert werden, weil mitunter technische Probleme dieses Vorhaben unmöglich machen können – zu diesen zählt beispielsweise auch ein falscher, zu früher Zeitpunkt der Operation.

Radiotherapie (RT)

Auch die Strahlentherapie gilt als kurativ, es gibt jedoch Patienten, die weniger gut für eine Bestrahlung geeignet sind. Üblicherweise wird vor einer Strahlentherapie die Prostata durch einen ca. 6-monatigen Hormonentzug (neoadjuvant) verkleinert; bei manchen Patienten kann ein Fortsetzen des Hormonentzugs für weitere 2½ Jahre (adjuvant) notwendig sein. Sehr junge Patienten sollten auch bedenken, dass die Strahlentherapie selbst nach vielen Jahren Ursache von anderen Krebsleiden (Harnblasenkrebs oder Mastdarmkrebs) sein kann.
Eine Sonderform der Strahlentherapie ist das Einbringen von radioaktiven Stäbchen (Seeds) in die Prostata (Brachytherapie). Ihr Stellenwert ist umstritten; geeignet scheinen nur Patienten der niedrigen und mittleren Risikogruppe.

Androgenentzug

Wann immer eine Heilung nicht mehr möglich erscheint, beispielsweise wenn Absiedelungen (Metastasen) außerhalb der Prostata festgestellt wurden, ist die „Hormontherapie“ das Mittel der Wahl. Entgegen einer weit verbreiteten Meinung wird bei der Hormontherapie kein Hormon zugeführt. Im Gegenteil, weil Prostatakrebs über viele Jahre hindurch auf das männliche Geschlechtshormon (Testosteron) angewiesen ist, wird dessen Bildung durch unterschiedlichste Medikamente verhindert – also ein Hormonentzug durchgeführt, weshalb die richtige Bezeichnung auch Androgenentzugs Therapie (ADT; androgen deprivation therapy) lautet. Sie bildet die Basis der Behandlung. Neueste Forschungsergebnisse konnten jedoch zeigen, dass die zusätzliche Gabe weiterer Medikamente den Behandlungserfolg entscheidend verbessern kann.